In Zeiten wie diesen

„Seid stille und erkennt, dass ich Gott bin.“ (Psalm 46,11)

Gott will sich in Zeiten wie diesen auf besondere Weise Gehör verschaffen und ruft uns zu: „Seid stille und erkennt, dass ich Gott bin“. Ein Gott, der von den Ereignissen weder überrascht noch überfordert ist. Ein Gott, der sich durch diese Situation Gehör verschaffen will und der Menschheit mit diesem globalen Sabbat, der durch die Coronakrise verursacht wurde, eine Chance zur Rückbesinnung auf ihn gibt. Ein Gott, der sich jedem mittendrin als Zufluchtsort und Kraftort anbietet.

Daniel Schulte ist „einer von uns“: Während seiner Zeit als Bibelschulleiter von Schloss Klaus war er Mitglied der Evangelischen Gemeinde Kirchdorf, jetzt lebt er mit seiner Familie in Südtirol. In dieser Online-Predigt nimmt er Bezug auf Psalm 46, will uns überraschen mit den Schätzen, die dieser Psalm birgt, und zur gleichen Zeit die Aktualität von Gottes Wort näher bringen und kostbar machen:

Herrliche Schwachheit

„Diesen kostbaren Schatz tragen wir in uns, obwohl wir nur zerbrechliche Gefäße sind. So wird jeder erkennen, dass die außerordentliche Kraft, die in uns wirkt, von Gott kommt und nicht von uns selbst.“ (2. Kor. 4,7)

Die Fehler anderer fallen schneller auf als die eigenen. Aber die eigenen Fehler schmerzen mehr als andere. Wer mit seinen Fehlern, seinen eigenen Begrenzungen hadert, ist damit in guter Gesellschaft. Denn vermutlich kennen wir alle dieses Gefühl, wenn wir irgendwo an unsere eigenen Grenzen kommen und uns unserer Unzulänglichkeit schmerzlich bewusst werden.

Gott geht ziemlich entspannt mit unseren Grenzen um, das ist schon bemerkenswert. Wenn wir aufmerksam die unterschiedlichen Charaktere der Bibel anschauen, kommen wir unweigerlich zu folgendem Schluss: Das größte Problem sind eigentlich nicht die Fehler selber. Sondern das eigentliche Problem liegt fast immer dort, wo sich Menschen mit ihren Fehlern nicht an Gott wenden. Das ist ermutigend. Gott kennt mich und weiß um meine Fehler und Grenzen. Er nimmt mich aber nicht nur trotz meiner Grenzen an, sondern oft – vielleicht sogar viel öfter als wir jemals ahnen werden – verwendet er unsere Begrenztheit, um sich zu verherrlichen und groß zu wirken.

Folgende Illustration von einem unbekannten Verfasser macht für mich deutlich, wie unsere Schwachheit zum Segen werden kann, weil Gott sie verwendet:

Ein Wasserträger in Indien hatte zwei große Töpfe. Sie hingen an den beiden Enden einer langen Stange, die er über seinen Rücken legte. Einer der beiden Töpfe hatte einen Riss. Aufgrund seiner Armut war es dem Wasserträger nicht möglich, diesen Topf zu reparieren, geschweige denn zu ersetzen. Auf dem langen Weg vom Fluss bis zum Haus seines Herrn verlor der beschädigte Topf immer die Hälfte seines Inhaltes. Zwei ganze Jahre brachte der Wasserträger seinem Herrn nur eineinhalb Töpfe Wasser. Er schämte sich dafür, dass er nicht in der Lage war, mehr mitzubringen.

Nach dem zweiten Jahr haderte der Wasserträger mit sich und seinem Unvermögen. Aber auch mit seinem Herrn, der ihn zwar bezahlte, aber nicht ausreichend Mittel für einen neuen Topf zur Verfügung stellte. Eines Tages nahm der Wasserträger den gesamten Mut zusammen und sagte seinen Herrn: „Ich habe versagt. Ich bringe dir weniger Wasser als ich sollte. Aber erlaube mir eine Frage: Warum bezahlst du nicht einen neuen Topf für mich, mit dem ich eine viel bessere Arbeit für dich verrichten könnte?“

„Komm mit“, erwiderte sein Herr und führte den Wasserträger den Weg entlang, der von seinem Haus bis zum Fluss führte. „Fällt dir etwas auf?“ Und tatsächlich, obwohl er diese Strecke bereits so oft gegangen war, nahm der Wasserträger plötzlich etwas wahr, das er bisher übersehen hatte: Auf der einen Seite des Weges wuchsen Blumen, nicht üppig aber fast durchgehend, währen die andere Seite trocken und kahl war. Der Herr sagte zum Wasserträger: „Ist dir aufgefallen, dass nur auf der einen Seite des Weges Blumen wachsen? Jeden Tag hast du ihnen die Feuchtigkeit gespendet, die der Topf mit dem Riss verlieren musste. Ich habe immer um deinen Mangel gewusst. Ich habe ihn bewusst in Kauf genommen, um etwas Schönes zu schaffen. Ich habe auf der Seite des Weges Blumen gesät, und du hast sie jeden Tag, wenn du das Wasser vom Fluss geholt hast, gegossen. Nicht nur ich, sondern auch viele andere, die diesen Weg gehen, freuen sich an ihnen. Das verdanken wir deinem Topf, der nicht perfekt ist, ja sogar gebrochen. Aus ihm entstand etwas Wunderbares, weil ich es zuließ.“

Im 2. Korintherbrief schreibt Paulus davon, dass wir eigentlich nur zerbrechliche Gefäße sind. Egal wo Gott wirkt, tut er das nicht wegen unserer Stärke, sondern durch seine Stärke in unserer Schwachheit. Wie ermutigend! Und was für ein Horizont darf sich uns damit auftun. Wir dürfen gespannt darauf sein, wie Gott unsere Schwachheit und unsere Grenzen verwenden will, um etwas Wundervolles daraus zu machen!

Nicht alles ist abgesagt!

Schaukasten der Evangelischen Kirche Kirchdorf

In den letzten Tagen und Wochen war sehr viel davon zu hören, was wir alles nicht dürfen. Was wir vermeintlich verpassen oder schade finden, dass es nicht erlaubt ist. Dennoch gibt es jetzt so vieles, das wir dürfen, sogar ohne schlechtes Gewissen.

Ostern ist nicht abgesagt: Wer hat sich in den vergangenen Jahren damit auseinandergesetzt, wie er Ostern jenseits von Brauchtum und gewohntem Ritual feiern könnte? Wie gestalte ich meine ganz persönliche Osterzeit? Kehrt bei mir Osterfreude ein, wenn ich die frohe Botschaft aufs Neue höre, dass der Tod nicht das letzte Wort hat?  Heuer muss, nein darf sich jeder seine Osterzeit selber füllen.  Angebote dazu bietet auch unsere Pfarrgemeinde!

Wege durch dunkle Täler (Psalm 23)

Hier spricht David, der Hirtenjunge, der später König wurde. So was nennt man Karriere! Er hat es vom Schafhirten zum Königsthron geschafft. Gratulation!

Aber was war das Geheimnis seines Lebens, in dem auch nicht alles glatt lief?
Da gab es dunkle Kapitel in seiner Lebensgeschichte, wie sie auch uns nicht ganz unbekannt sind.
Und trotzdem:
Das Besondere in Davids Lebens war, dass er einen Herrn hatte, von dem er sich führen ließ wie ein Schaf, das er vormals als Hirte zu versorgen hatte.
Sein Geheimnis war ein geführtes Leben.
Er vertraute sich dem großen Hirten an, Gott selbst.
So gab es Situationen in seiner Vergangenheit, wo er sagte:
„Ich schaff es allein nicht, ich bin dafür nicht groß genug und nicht stark genug und nicht clever genug. Ich brauche jemand, der sich hier auskennt und der mich gern hat und dem ich mich für meinen Lebensweg anvertrauen kann und will.“

Für so eine Entscheidung ist es nie zu spät, aber auch nie früh genug.
Vergiss es nicht: Heute ist der letzte Tag deines bisher gelebten Lebens, aber der erste Tag des noch gebliebenen Lebens.
Sich diesem guten Hirten anvertrauen, das heißt doch:

  • Mein Leben bekommt trotz allem wieder eine Perspektive.
  • Mein Leben bekommt eine neue Mitte und ein neues Ziel.
    Es lohnt sich wieder, nach vorn zu schauen und sich auf den Weg zu machen mit dem, der der gute Hirte deines und meines Lebens sein will.

Was heißt das eigentlich, dieses: Der Herr ist mein Hirte?
Was kann das für dich und für mich bedeuten?

  1. Er weiß, was mir fehlt, was ich nicht habe. Er kennt die Sehnsucht meines Herzens, wonach mich im tiefsten verlangt. Natürlich sind es manche vordergründigen Wünsche, aber dahinter steht das ganz tiefe Wissen, dass es mehr geben muss als Dinge. Es muss eine Beziehung möglich sein zu jemand, der es mit mir aushalten will und der mich bis zum letzten Atemzug lieb hat und begleitet und ganz zu mir steht. Diese Sehnsucht nach jemand ist im Grunde genommen der Fingerabdruck Gottes in meiner Seele.
  2. Er weiß, wie es mir gerade geht, wie ich mich fühle, wie traurig ich bin oder wie wütend, ob ich innerlich aufgegeben habe und nichts mehr erwarte oder ob sich da vielleicht noch ein kleines Glutnest in meinem Herzen befindet. Wenn man da nachlegt, dann fängt es wieder an aufzulodern und es kann wieder warm werden. Er weiß aber auch wovor ich Angst habe, was mir zur Zeit Not macht. Er weiß es und sagt mir: Du, ich bin mit dir unterwegs, wenn du dich mir ganz anvertraut hast, und ich lasse dich auch keinen Augenblick allein.
  3. Er kennt die dunklen Täler meines Lebens. Und gehen wir nicht gerade durch so ein Tal? Da kann es sogar finster im eigenen Herzen werden und im Denken. Und wenn man dann noch allein ist, da geht es einem gar nicht gut. Und – einmal ganz ehrlich – kann man nicht auch unter anderen Menschen unheimlich einsam sein? Niemand versteht mich – oder sie sind ganz einfach nicht da, wie es mancher von uns erlebt. Ganz anders der Hirte, von dem hier die Rede ist. Er ist da! Und er geht mit mir, wenn ich mein Leben ihm anvertraut habe. Er kann mich sogar trösten, wenn es menschlich gesehen überhaupt keinen Trost gibt.
  4. Und: Er geht mit mir durch das dunkle Tal hindurch, das ich gerade erlebe! Was wir gerade erleben, ist sicher nicht das letzte, auch wenn ich vielleicht das Gefühl habe. Wenn der gute Hirte führt, dann führt er nicht ins dunkle Tal HINEIN, um sein Schaf dort umkommen zu lassen, sondern er führt es HINDURCH, damit es wieder auf grüne Weiden und ans frische Wasser kommt. Das dunkle Tal ist oft die rechte Straße zum Ziel unseres Lebens. Ohne den guten Hirten bleibt diese Erde ein Jammertal. Mit ihm mache ich die Erfahrung, dass ich es an Gottes Hand schaffe.
  5. Und dann sorgt dieser Hirte für dich und für mich. Hier ist von einem Tisch die Rede, den er im Angesicht meiner Feinde bereitet. Was heißt das denn? Das heißt doch zuerst einmal: Auch wenn ich mit diesem Hirten unterwegs bin, dann wird es immer noch Feinde geben. Probleme, Schwierigkeiten, unmögliche Menschen, die ich auf den Tod nichts ausstehen kann. Krankheiten wie bei Corona, Isolation, wirtschaftliche Engpässe… ABER: Es wird mir ein Tisch gedeckt und dieser Tisch steht zwischen mir und meinen „Feinden“, mitten in meiner Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit. Gott sieht also meine Feinde und meine Situation gelassener als ich und gerät nicht in Panik. Er hat alles im Griff. Er wartet nicht, bis die Probleme vorbei sind. Sondern er deckt den Tisch hier und heute und er schenkt voll ein. Oft sehe ich diesen Tisch nicht, sondern nur die Schwierigkeiten. Aber Gott kann meine Blickrichtung ändern. Darum darf ich ihn bitten!
  6. Und schließlich steht über einem solchermaßen geführten Leben eine Verheißung, ein Versprechen Gottes. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang. Gutes heißt aber nicht: Es geht mir immer gut. Probleme lassen sich immer lösen. Wir kriegen nicht alle Schwierigkeiten in den Griff. Aber, wenn ich dem guten Hirten folge, dann hat das Folgen für mein Leben. Dann wird manches gut, auch wenn es zuerst gar nicht so gut aussieht.

Dann kann sogar diese Corona-Zeit zum Segen werden!