Weihnachten, wie es wirklich war…

Ist das nicht verrückt? Jahr für Jahr gab es unzählige Stimmen, die sich über den vorweihnachtlichen Stress beklagten. Und dieses Jahr ist es zwar wesentlich ruhiger – unfreiwillig, durch den Lockdown erzwungen – aber der Stress scheint nicht weniger zu sein. Ja, er hat sich verlagert auf ganz neue Bereiche: Auf das Aushalten von Spannungen aufgrund unterschiedlicher Meinungen zu den Corona-Maßnahmen. Und auf das Aushalten von Unsicherheiten aufgrund von Erkrankungen, Krankenhausaufenthalten oder sogar Todesfällen von uns nahestehenden Menschen. War es in den vergangenen Jahren das übervolle Programm, das wir in der Vorweihnachtszeit abspulten, so sind es dieses Jahr Spannungen und Unsicherheiten, die uns die Weihnachtsstimmung zu rauben drohen.

Während sich manche von uns trotz oder auch gerade wegen der aktuellen Herausforderungen ein schönes, harmonisches und gemütliches Weihnachtsfest herbeisehnen, dürfen wir uns von einer Feststellung überraschen lassen: Auch das ursprüngliche Weihnachten, nämlich die Geburt von Jesus Christus vor etwas über 2000 Jahren, war weder besinnlich noch harmonisch und schon gar nicht gemütlich! Die Berichte im Neuen Testament sagen genau das Gegenteil aus.

Lasst uns kurz vor Augen malen, was damals ablief:

Die hochschwangere Maria war mit Josef tagelang auf einem äußerst beschwerlichen Weg unterwegs. Politische Spannungen waren überall greifbar. Erschöpft suchen die beiden eine Unterkunft, finden jedoch keine. Ein Horrorgedanke für all jene, die schon einmal eine Geburt miterlebt haben. Dann war da der Stall, zwar besser als nichts, aber bestimmt nicht ideal für eine Geburt, auch damals nicht. Es war keine gemütliche Zeit, sondern für Maria und Josef eine vermutlich traumatische Belastung, für Mutter und Kind ein purer Überlebenskampf. Es war nicht selbstverständlich, dass beide diese Strapazen überlebten.

Mit dieser ursprünglichen Weihnachtssituation vor Augen kommen wir dem Wesen von Weihnachten viel näher als durch die zahlreichen romantischen Bilder und Darstellungen, die uns geläufig sind. Denn Weihnachten bedeutet von Anfang an ganz schlicht und einfach, dass Gott in eine Welt gekommen ist, in der eben nicht alles gemütlich ist, in der es Leid und Verletzungen gibt, Mühe und Krankheit, Krieg und Streit – eben alles andere als Frieden. In diese Situation hinein kommt Gott durch Jesus Christus.

Nicht um es nur gemütlicher und wärmer zu machen. Sondern um das Problem an der Wurzel zu packen, um die Trennung zwischen Gott und den Menschen zu überbrücken und um uns Menschen damit zu ermöglichen, eine lebendige Beziehung zum allmächtigen Gott zu haben, der uns bedingungslos liebt!

An dieser Stelle wird es ermutigend für uns: Denn genauso wie Gott in eine unruhige Welt kam, bevor auch nur irgendwas schön und besinnlich vorbereitet und geordnet werden konnte, möchte er auch in unser Herz, in unser Leben kommen – so wie wir sind, mit unseren Ecken und Kanten, mit unseren Schwächen, Ängsten, Zerrissenheit und manchen Altlasten. Gott erwartet von uns nicht, dass alles perfekt und harmonisch in unserem Leben ist, er will zu uns kommen so wie wir sind! Das dürfen wir ganz persönlich für uns annehmen und „ja“ sagen, Gott sozusagen die Türe unseres Lebens öffnen und ihm erlauben, in unser Leben hereinzukommen.

Weihnachten war und ist tatsächlich das Fest der Liebe: Nämlich das Fest von Gottes Liebe, die in der Person von Jesus in unsere Welt gekommen ist. Und von dieser Liebe dürfen wir uns beschenken lassen, um davon weiterzugeben.